Hallo meine lieben Leser,
ich habe mal wieder was geschrieben, nicht nur, weil ich das
Gefühl hatte, der Blog bedürfe dringend eines neuen Inhaltes, sondern auch,
weil ich Lust hatte, zu äußern, was ich denke und weil ich aufgrund des
Blutdrucks einer 90-jährigen nichts unternehmen kann, außer zuhause zu bleiben
und deswegen ausnahmsweise Zeit habe.
Ich war im Theater! Das Theater heißt Teatro Solis, ist das
zweitgrößte Theater Lateinamerikas, präsentierte an einem regnerischen Dienstag
das moderne Tanzprojekt „El Mutualista“, in dem auch eine Arbeitskollegin und
Freundin mittanzte, ermöglichte mir durch Zufall den kostenlosen Eintritt,
obwohl Karten erst ab 200 Peso erhältlich waren und verhalf mir zu netten
Kontakten zu Mexikanern, die direkt neben mir saßen, blablabla, alles nur
Hintergrundinformation und unwichtig. Ich schwenke daher eiskalt auf meinen
Eindruck:
Nun gut, was soll ich als klassisches Ballettmädchen zu
springenden, wild um sich schlagenden, rennenden, schreienden, lachenden,
gewalttätigen Menschen sagen? Ich weiß es absolut nicht! Ich kann nur sagen,
dass ich keinerlei Tanz oder Technik gesehen habe, dafür aber mit Bildern
konfrontiert wurde, die in mir eine wahre Gefühlsachterbahn ausgelöst haben.
Belustigung, da 80 Menschen im gleichen Moment aus tiefstem Herzen lachten,
Angst, da die gleichen 80 Menschen schon im darauffolgenden Moment aus
dunkelster Seele schrien, Unverständnis, da 80 Menschen eine Ewigkeit lang nur
umherliefen und hinfielen, Bedrohung, da 79 Menschen einen Menschen auf die
brutalste Art und Weise wegstießen, umherwirbelten und wegzerrten, Entsetzen,
da sich 80 Menschen zum Schluss entkleideten, einige sogar bis hin zum
Neugeborenenkleid, Ekel, als sich die 80 nackten, beziehungsweise halbnackten
Menschen als großer Menschenknäuel formierten und über die Bühne rollten, noch
mehr Entsetzen, als die wenigen komplett Entblößten sich nicht einmal
anschickten, sich zum Abschlussapplaus ein Stück Stoff anzulegen. Nein im
Ernst, ich weiß wirklich nicht, was ich darin sehen oder interpretieren soll.
An dieser Stelle merke ich auch, dass ich das, was ich
ursprünglich schreiben wollte, nicht schreiben kann, da sich meine Meinung in
den vergangenen Monaten beträchtlich geändert hat. In den ersten Monaten meines
Aufenthaltes hatte ich das Gefühl, dass das Bildungsniveau deutlich niedriger
sei als das in Deutschland. Genährt wurde der Eindruck durch die Tänzer, die
eine Tanzausbildung haben aber dennoch keine Technik, durch das, was ich im Projekt
an Bildung mitbekam und durch „Studien“-inhalte meiner Mitbewohner. Es
verwunderte mich immer, dass beispielweise ein Student meinte, er müsse so
unglaublich viel Schweres für sein Studium lernen, als ich mir seine
Materialien allerdings durchsah, erinnerte mich das an die 11. Klasse eines
Gymnasiums.
Mittlerweile ist mir allerdings bewusst, dass ich mich sehr
einseitig habe leiten lassen in meinen Eindrücken. Dass das Bildungsbild im
Projekt nicht als uruguayischer Durchschnitt zu werten ist, dürfte klar sein.
Schließlich arbeite ich mit Kindern und Jugendlichen aus sozial schwierigen
Verhältnissen in einem Armenviertel Montevideos.
Das, was der Student zum Schwierigkeitsgrad seines Studiums
meinte, ist als subjektive Meinung zu werten. Zudem umfasst der Begriff
„Studium“ hier einen größeren Bereich an Bildungswegen als in Deutschland, es
ist also auch einfach nur ein definitionsbedingtes Problem.
Zwischenzeitlich konnte ich einen Einblick in andere
Studiengänge gewinnen und soweit ich das beurteilen kann, sind diese unseren deutschen Studiengängen sehr
ähnlich. Die Technikstudenten quälen sich mit hässlichen Matherechnungen und
die Tiermediziner dürfen sich jeden einzelnen chemischen Prozess im tierischen
Körper einprägen.
Wahrscheinlich fehlt mir aber sowieso der Einblick in das
Gesamtsystem, um das Alles beurteilen zu können und die Zeit, die ihr damit
verwendet habt, den Eintrag zu lesen, ist absolut verschwendete Zeit. Damit die
Lektüre doch nicht ganz umsonst war, schlage ich vor, ihr sucht alle Wörter,
die mindestens drei Vokale enthalten heraus und behaltet diese Wörter als
Geschenk in einer kleinen Kiste. Punkt, aus, fertig, ich bin müde und geh jetzt
essen!