PERSÖNLICHE
ENTWICKLUNG
Mir fällt
es ehrlich gesagt etwas schwer, meine persönlichen Veränderungen aufzufinden.
Mir fehlt dazu ganz einfach die Außensicht, die am besten mit einem gewissen
zeitlichen Abstand die Julia vom Anfang des Jahres mit derjenigen vergleichen
kann, die ich heute bin. Ich bin mir sicher, dass ich gewachsen bin an dem Jahr
und an seinen Aufgaben, dass ich reifer und offener geworden bin, doch kann ich
diese Veränderungen nur schwer identifizieren, da dies einem kontinuierlichen
Prozess unterlag. Im Gegensatz dazu konnte ich aber beispielsweise eindeutige
Veränderungen an Mitfreiwilligen erkennen, da genau bei ihnen der zeitliche
Abstand gegeben war. Was ich beobachten konnte ist, dass die Umgebung einen
unglaublichen Einfluss auf die Entwicklung des Freiwilligen ausmacht. So sind
Freiwillige aus dem Innenland, stupide gesagt, zu ruhigen Ökos geworden, die
sich perfekt an ihre Situation im Campo angepasst haben. Freiwillige aus der
Megametropole Buenos Aires hingegen genießen die Freiheiten und Möglichkeiten,
die eine Großstadt bietet und sind zu lebenshungrigen, jungen Menschen
herangereift. Wie sich Montevideo, als gemütliche Großstadt, auf mich
ausgewirkt hat, muss wohl bei meiner Rückkehr beurteilt werden. Was ich jedoch
mit ziemlicher Gewissheit sagen kann ist, dass ich viele Sichtweisen und
Gewohnheiten verändert habe. So kommen mir beispielsweise viele Dinge, über die
ich mich in Deutschland vielleicht noch beschwert habe, mittlerweile als
absolute Nichtigkeiten und Luxusprobleme vor, räumliche Distanzen habe ich für
mich komplett neu definiert, da nun eine Wegstrecke von einer Stunde Busfahrt
als normal und nicht zu lange angesehen wird, Zeit spielt hier für mich nun
eine ganz andere Rolle, die Prioritätenverteilung bezüglich Arbeit und Leben
hat sich umgelagert, das Verständnis von Offenheit und Gastfreundschaft ist
dank des Hier-erlebten ein neues geworden, es sind also solche Dinge, an denen
ich
merke, dass ich mich verändert habe.
VERÄNDERUNGEN
IM PROJEKT
Wenn ich
nun auf Veränderungen Bezug nehmen möchte, die durch meinen Dienst im Projekt
stattfanden, habe ich nun eine recht klare Meinung: Ich habe weder einen riesen
Beitrag geleistet, der die Arbeit im Projekt auf eine neue Ebene gehoben hätte,
noch habe ich die „Welt verbessert und Armut bekämpft“, was sich ja viele
Freiwillige leider anmaßen zu behaupten. In meinen Augen ist es aber auch
völlig unnötig, zu erwarten, man würde so wahnsinnig viel verändern in seinem
Projekt. Es ist doch viel wichtiger, sich einzugliedern in das Getriebe, das
bereits läuft und das im Falle meines Projektes noch dazu sehr gut und
reibungslos läuft. Womöglich ist es auch speziell in meinem Projekt so, dass
ich in der Rolle als deutsche Freiwillige nicht die weitreichenden
Veränderungen bringen konnte, schließlich schaut die Obra Ecuménica bereits auf
Generationen von Freiwilligen zurück und hat mehrfach erlebt, was Deutsche zu
gewissen Arbeitsmethoden oder Gewohnheiten sagen. Ich konnte in diesem Bereich
also nur wenig „Neues“ bringen. Worin ich mir aber sicher bin, sind die
kleinen, privaten Veränderungen, die ich nicht in der Rolle der deutschen Freiwilligen
brachte, sondern in der Rolle der Privatperson Julia. Jeder in der Obra trägt
durch seinen persönlichen Charakter auf seine spezielle Art und Weise bei, gibt
den Gesprächen, dem Team, der Arbeit seine persönliche Note. So konnte ich
sicherlich dem ein oder anderen Kind ganz einfach nur durch einen schönen
Moment, ein nettes Gespräch, ein offenes Ohr, ein neues Spiel, das Mitteilen
meines Wissens, sei es schulischer, privater, tänzerischer oder sonst noch
welcher Art für einen Augenblick seinen Alltag verändern. Vielleicht sogar die
Probleme vergessen machen, mit denen sie sich konfrontiert sehen. Ich glaube
auch, dass ich mehr Gewinn aus dem Jahr ziehen konnte, als das Projekt aus mir,
das ist in gewisser Hinsicht aber auch verständlich: Für mich war das Jahr eine
komplett neue Situation, in der nichts das Gleiche war, wie es in Deutschland
ist. Für das Projekt war ich ein Baustein, der in einem sonst altbewährten
Gerüst neu war. Ich hoffe sehr, dass ich mich klar ausdrücken konnte und dass
nichts falsch aufgefasst wird, aber ich sehe die durch mich bewirkten
Veränderungen nicht auf großer, institutioneller Ebene, vielmehr sehe ich sie
im Kleinen, Privaten, womit ich aber auch zufrieden bin, da man sich als
Freiwilliger meiner Meinung nach davon verabschieden sollte, einem utopischen
Bild des Weltverbesserers nachzueifern.
RÜCKKEHRGEDANKEN
Am Schluss
angelangt bleibt mir nur noch eines: Ein herzliches Dankeschön auszudrücken!
Für all‘ die Unterstützung, egal welcher Form sie auch war! DANKE!
Liebe Julia,
AntwortenLöschenkönntest Du eine Telefonnummer, unter der wir Dich erreichen können, an redaktion.buehl@bnn.de schicken, damit wir Dich einmal anrufen können? Vielen Dank!
Acher- und Bühler Bote/Stefanie Prinz