Samstag, 17. Mai 2014

26. Der sechsundzwanzigste Eintrag


Hallo meine lieben Leser,
ich habe mal wieder was geschrieben, nicht nur, weil ich das Gefühl hatte, der Blog bedürfe dringend eines neuen Inhaltes, sondern auch, weil ich Lust hatte, zu äußern, was ich denke und weil ich aufgrund des Blutdrucks einer 90-jährigen nichts unternehmen kann, außer zuhause zu bleiben und deswegen ausnahmsweise Zeit habe.

Ich war im Theater! Das Theater heißt Teatro Solis, ist das zweitgrößte Theater Lateinamerikas, präsentierte an einem regnerischen Dienstag das moderne Tanzprojekt „El Mutualista“, in dem auch eine Arbeitskollegin und Freundin mittanzte, ermöglichte mir durch Zufall den kostenlosen Eintritt, obwohl Karten erst ab 200 Peso erhältlich waren und verhalf mir zu netten Kontakten zu Mexikanern, die direkt neben mir saßen, blablabla, alles nur Hintergrundinformation und unwichtig. Ich schwenke daher eiskalt auf meinen Eindruck:
Nun gut, was soll ich als klassisches Ballettmädchen zu springenden, wild um sich schlagenden, rennenden, schreienden, lachenden, gewalttätigen Menschen sagen? Ich weiß es absolut nicht! Ich kann nur sagen, dass ich keinerlei Tanz oder Technik gesehen habe, dafür aber mit Bildern konfrontiert wurde, die in mir eine wahre Gefühlsachterbahn ausgelöst haben. Belustigung, da 80 Menschen im gleichen Moment aus tiefstem Herzen lachten, Angst, da die gleichen 80 Menschen schon im darauffolgenden Moment aus dunkelster Seele schrien, Unverständnis, da 80 Menschen eine Ewigkeit lang nur umherliefen und hinfielen, Bedrohung, da 79 Menschen einen Menschen auf die brutalste Art und Weise wegstießen, umherwirbelten und wegzerrten, Entsetzen, da sich 80 Menschen zum Schluss entkleideten, einige sogar bis hin zum Neugeborenenkleid, Ekel, als sich die 80 nackten, beziehungsweise halbnackten Menschen als großer Menschenknäuel formierten und über die Bühne rollten, noch mehr Entsetzen, als die wenigen komplett Entblößten sich nicht einmal anschickten, sich zum Abschlussapplaus ein Stück Stoff anzulegen. Nein im Ernst, ich weiß wirklich nicht, was ich darin sehen oder interpretieren soll.



An dieser Stelle merke ich auch, dass ich das, was ich ursprünglich schreiben wollte, nicht schreiben kann, da sich meine Meinung in den vergangenen Monaten beträchtlich geändert hat. In den ersten Monaten meines Aufenthaltes hatte ich das Gefühl, dass das Bildungsniveau deutlich niedriger sei als das in Deutschland. Genährt wurde der Eindruck durch die Tänzer, die eine Tanzausbildung haben aber dennoch keine Technik, durch das, was ich im Projekt an Bildung mitbekam und durch „Studien“-inhalte meiner Mitbewohner. Es verwunderte mich immer, dass beispielweise ein Student meinte, er müsse so unglaublich viel Schweres für sein Studium lernen, als ich mir seine Materialien allerdings durchsah, erinnerte mich das an die 11. Klasse eines Gymnasiums. 

Mittlerweile ist mir allerdings bewusst, dass ich mich sehr einseitig habe leiten lassen in meinen Eindrücken. Dass das Bildungsbild im Projekt nicht als uruguayischer Durchschnitt zu werten ist, dürfte klar sein. Schließlich arbeite ich mit Kindern und Jugendlichen aus sozial schwierigen Verhältnissen in einem Armenviertel Montevideos.
Das, was der Student zum Schwierigkeitsgrad seines Studiums meinte, ist als subjektive Meinung zu werten. Zudem umfasst der Begriff „Studium“ hier einen größeren Bereich an Bildungswegen als in Deutschland, es ist also auch einfach nur ein definitionsbedingtes Problem.
Zwischenzeitlich konnte ich einen Einblick in andere Studiengänge gewinnen und soweit ich das beurteilen kann, sind  diese unseren deutschen Studiengängen sehr ähnlich. Die Technikstudenten quälen sich mit hässlichen Matherechnungen und die Tiermediziner dürfen sich jeden einzelnen chemischen Prozess im tierischen Körper einprägen.

Wahrscheinlich fehlt mir aber sowieso der Einblick in das Gesamtsystem, um das Alles beurteilen zu können und die Zeit, die ihr damit verwendet habt, den Eintrag zu lesen, ist absolut verschwendete Zeit. Damit die Lektüre doch nicht ganz umsonst war, schlage ich vor, ihr sucht alle Wörter, die mindestens drei Vokale enthalten heraus und behaltet diese Wörter als Geschenk in einer kleinen Kiste. Punkt, aus, fertig, ich bin müde und geh jetzt essen!



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