Freitag, 30. August 2013

06. Und wieder hieß es Abschied nehmen


Die zwei Wochen in Buenos Aires sind nun vorbei, drum ein kleines Fazit:

In Argentinien…

… ist gerade Winter und zwar kalter, feuchter Winter.
… ist Zeit relativ, man nimmt für kurze Termine gerne mehrere Stunden Fahrt in Kauf.
… gibt man Entfernungen nicht mit Zeitdauern an („Du brauchst ungefähr 20 Minuten“), sondern mit der Anzahl an quadras („Häuserblock“). („Nach 3,5 Quadras bist du da“). Zeitangaben lohnen sich auch gar nicht, weil der Verkehr ja sowieso unberechenbar ist…
… gibt es die größte und die längste Straße der Welt.
… nimmt man sich noch Zeit für die schönen Dinge des Lebens.
… sind die Menschen herzlich, großzügig und freundlich.
… haben wir einiges gelernt über Geschichte, Mentalität, Sprache, etc.
… isst man gerne Hamburger, Hotdogs und Schnitzel.
… fehlt mir jetzt schon das deutsche Brot!
… ist eine Tüte Chips teurer als so manch ein hochprozentiges Getränk.
… sind Milchprodukte leider verdammt teuer und auch nicht so lecker.
… ist dafür das Fleisch der Wahnsinn!
… trinkt man gerne Mate.
… wirft man das Toilettenpapier in Mülleimer.
… ist man modisch, wenn man Schuhe mit Plateau trägt.
… zerfallen die Geldscheine schon schier in der Hand, weil sie so alt sind.
… riecht es ganz anders als in Deutschland.
… laufen gerade hitzige Diskussionen wegen der Präsidentschaftswahlen.
… habe ich viele tolle Leute kennengelernt und Freundschaften geschlossen.
… werde ich bestimmt mal noch das ein oder andere Mal vorbeischauen, um Mitfreiwillige zu besuchen.
... hatte ich viel Spaß!

Ihr seht hier noch eine kleine Auswahl an Bildern, die noch in Buenos Aires entstanden sind.
An dieser Stelle möchte ich mich auch nochmal sehr herzlich bei dem Unterstützerkreis bedanken und alle grüßen, die den Blog bisher immer fleißig verfolgt haben.

Hasta luego y saludos,
eure Uruguay-Julia.




Den Tag am Río de la Plata haben wir uns im wahrsten Sinne versüßt:
Alles leckere Köstlichkeiten mit viel dulce de leche und Kalorien.

Hier sind wir über einen der alten Märkte geschlendert, der allerlei Zeug anbietet.


... unter anderem auch solche Puppen. Ich weiß ja nicht, wie ihr sie findet, ich finde sie total gruselig.

die Puppe im "Sarg" hat dann auch nochmal alles getoppt.




Wie gesagt, die Peso-scheine sind nicht alle in einem guten Zustand.
Hier ein besonders schönes Exemplar.



Sonntag, 25. August 2013

05. Bus, ESMA, Tango

Wenn euch keines der drei Stichwörter aus dem Titel interessiert, könnt ihr es gleich lassen, den Beitrag zu lesen. Ansonsten seid ihr herzlich eingeladen, euch die folgenden Abschnitte zu Gemüte zu führen. 

Zunächst ein kleiner Einblick in eines meiner derzeitigen Lieblingsthemen – die Busfahrt. Bisher haben wir von unserer schönen Wohnung in Martínez immer etwas zwischen 40 und 60 Minuten zur IERP gebraucht. Am Freitag waren es auf einmal geschlagene 2 Stunden! So genervt und aggressiv sind wir, glaube ich, alle noch nie aus dem Bus gestiegen, aber wenn der gewöhnliche Freitags-Berufsverkehr auf einen heftigen Unfall mitten auf einer vielbefahrenen Straße, die leider den Großteil unserer Fahrtroute ausmacht, trifft, dann ist es vorbei mit dem Fahren. Man steht und wartet und steht und wartet und ratet: steht und wartet. Nun ja, mit einer Stunde Verspätung sind wir dann doch beim Sprachkurs eingetroffen.

Am gleichen Tag besuchten wir die ESMA – die ehemalige Militärschule, die während der Militärdiktatur als Gefangenenlager fungierte. Menschen, die sich gegen die Militärregierung aussprachen, wurden entführt, gefoltert und teilweise mit den Todesflugzeugen lebend über dem Río de la Plata abgeworfen. Schwangere Frauen mussten ihre Kinder in einem speziellen Raum zur Welt bringen und wurden anschließend getötet. Die Militärdiktatur nimmt in der argentinischen Geschichte das dunkelste Kapitel ein und ist bis heute noch nicht vollständig aufgearbeitet. Hauptsächlich liegt das daran, dass man immer noch nichts über den Verbleib vieler Menschen weiß, die heute als desaparecidos, die Verschwundenen bezeichnet werden. Um die Enthüllung einzufordern, treffen sich daher seit jeher jeden Donnerstag die Mütter auf dem Plaza de Mayo, die sogenannten madres de plaza de Mayo und laufen ihre Runden. Beim Besuch der ESMA wurde mir die Brutalität der Militärdiktatur mitsamt Ausmaß bewusst. Bis heute nimmt dieses Kapitel der Geschichte einen wunden Punkt bei den Argentiniern ein, woraus sich auch vieles ihrer Mentalität und ihrem Bewusstsein erklärt.


Bis zum Dienstag wird in Buenos Aires die Tango-Weltmeisterschaft ausgetragen. Die Möglichkeit, sich die Besten der Besten live anzuschauen, wollten wir uns nicht entgehen lassen, weshalb wir direkt nach dem Sprachkurs zum Tanzspektakel aufgebrochen sind. Nur leider stimmte die Adresse im Internet nicht so ganz mit der Wirklichkeit überein, weshalb wir U-Bahn-Strecken doppelt gefahren, an falschen Stellen ausgestiegen und unnötige Wegstrecken gelaufen sind, bis wir schließlich nach zwei Stunden am richtigen Ort waren. An dieser Stelle eine Lobeshymne auf die Argentinier: Mit dem brüchigsten Spanisch haben wir unser Anliegen zu verstehen gegeben und wirklich immer nette und herzliche Antworten bekommen. Zwar waren diese meistens nicht ganz richtig und haben uns irgendwo hingeführt, wo wir gar nicht hinwollten, aber der gute Wille zählt und natürlich das endgültige Ergebnis. Vom Semifinale haben wir dann tatsächlich noch eineinhalb Tänze und die Verkündigung der Finalisten mitbekommen. Dann war es auch schon vorbei und wir sind wieder 2 Stunden zurück gefahren. Klar, auch wenn die Ausbeute aus unserem Ausflug recht mager ist, war es trotzdem eine tolle Erfahrung: Wir haben Tangotänzer auf Weltklasseniveau gesehen und die Stadt nochmals besichtigt.


04. Nachtrag...

Hat zwar etwas gedauert, hier kommt aber das versprochene Video von der Murga-gruppe.

Dienstag, 20. August 2013

03. Erste Grüße aus Buenos Aires

Seit einer Woche bin ich in Buenos Aires, der gigantischen Metropole am Rio de la Plata. Für eine weitere Woche soll dies auch noch mein Wohnort bleiben mit dem Zweck, während der vierstündigen, täglichen Spanischkurse die Sprache möglichst gut zu lernen und nachmittags etwas über die Länder im Rio de la Plata-Raum zu lernen. Die bisherige Woche war bereits so ereignisreich, dass ich nur über die einprägsamsten Bilder schreiben möchte.

           1.) Die Busfahrten – oder wohl eher „Wer ist der Mutigste?“
Busfahren ist hier wirklich etwas, das man in Deutschland zu hundert Prozent nirgends erlebt! Die Fahrpreise sind sehr günstig, der Fahrstil dafür aber umso riskanter. Leider kann ich es nicht anders sagen, aber man fährt hier wie bescheuert. Rechts vor links gibt es nicht, zuerst darf der über die Kreuzung, der am meisten Mut beweist oder sich am schnellsten vordrängelt. Geschwindigkeitsbegrenzungen sind völlig überbewertet. Einsteigen und Aussteigen kann man ja auch während des Fahrens. Die SpurEN wechselt man einfach, ohne überhaupt nur den kleinsten Blick zur Seite und nach hinten zu wagen. Warum sich an Spurbegrenzungen halten? Man kann ja auch mit vier Autos parallel auf einer dreispurigen Straße fahren. Überholen lohnt sich immer und überall, auch wenn man sofort halten muss. Ach und Überholen geht übrigens auch von rechts. Wenn der Verkehr stockt, ist es auch kein Problem, mit dem Bus diagonal auf einer Riesenkreuzung stehen zu bleiben. Im Klartext: Ich musste mich definitiv erst an die Busfahrten gewöhnen und staune selbst nach einer Woche Buserfahrung über die vielen Manöver.

2.) Projektbesichtigung – der erste Kontakt mit wirklicher Armut
Am Donnerstag besichtigten wir nach dem obligatorischen Sprachkurs die unterschiedlichen Projekte, die es in Buenos Aires gibt. Ich entschied mich, mit einer Kleingruppe von 7 Leuten das Kinderzentrum Arcángel Gabriel zu besuchen. Nachdem wir im Kinderzentrum vorbeigeschaut haben, wurden wir in das Armenviertel geführt. Für mich war das die erste Begegnung überhaupt mit solch einem Viertel. Wir wurden dazu instruiert, uns leise und unauffällig zu verhalten, nur als Gruppe unterwegs zu sein und die Taschen vorher wegzuschließen. Es war ein sehr mulmiges Gefühl dort hindurch zu laufen; zu wissen, dass auf 200 Meter 300 Menschen in ärmsten Verhältnissen leben; Kinder zu sehen, deren Haare verfilzt, Gesichter verschmutzt und Zähne verfault sind und zu erkennen, wie absurd das Bild in Buenos Aires doch ist: Direkt an das Armenviertel schließt nämlich das Reichenviertel an – durch eine von Polizisten bewachte Mauer sorgfältig von den Armen abgeschirmt. Dort wohnen die, die es geschafft haben, im Gegensatz zu denjenigen auf der anderen Seite der Mauer. Ich muss gestehen, dass mich die Erfahrung sehr nachdenklich gestimmt hat und ich noch einige Zeit damit beschäftigt war, die Eindrücke und Bilder zu verarbeiten. Mein Projekt in Montevideo wird ebenfalls in einem Armenviertel sein. Ich bin schon sehr gespannt, was mich dort erwarten wird.
Auch wenn dies nicht unbedingt eine schöne Erfahrung war, bin ich trotzdem unendlich dankbar dafür, sie gemacht zu haben, da ich so einen ersten Eindruck gewinnen und den ersten Kontakt knüpfen konnte. 

3.) Tigre – Boot fahren, Sonne genießen, über Märkte spazieren…
Am Sonntag waren wir im Norden von Buenos Aires und haben den Stadtteil Tigre besucht. Das liegt am Flussdelta und ist als Touristen- und Ausflugsziel bekannt. Es war einfach nur schön! Über den Markt schlendern, eine Bootstour machen und dabei die Inseln im Flussdelta von einer anderen Seite entdecken tat uns nach der anstrengenden Woche gut und hat die Speicherkarte des Fotoapparats gut gefüllt.




Ein Anblick, den man in Argentinien häufig hat: Matebecher auf dem Markt


4.) Buenos Aires capital – groß, größer, Buenos Aires
Das Zentrum von Buenos Aires gehört natürlich zu jedem Besuch der Millionenstadt dazu. Wir standen auf der größten und auf der längsten Straße der Welt, haben das Regierungsgebäude und den Plaza de Mayo besucht, den Obelisken gesehen und einfach nur die Größe der Stadt auf uns wirken lassen. Alles wirklich sehr beeindruckend und lohnend!

Casa Rosada -- der Präsidentenpalast



der Blick vom Balkon, von dem schon Evita zu den Argentiniern sprach


5.) La Boca
Bisher mein absolutes Highlight! Ein Stadtviertel am Hafen, dessen Häuser alle unterschiedlich bunt bemalt sind, da die Bewohner damals einfach die übrig gebliebene Farbe der Boote genommen haben, um ihre Fassaden zu verschönern. An diesem Tag durften wir sogar in den Genuss einer Candombegruppe kommen, die mitten auf der Straße gespielt und getanzt hat. Ich hoffe, dass ich die Filmaufnahmen noch hochladen kann…La Boca ist aber nicht nur für die bunten Häuser berühmt sondern auch für seinen Tango. Wer mich kennt, weiß, wie sehr mein Herz geschlagen haben muss, als Tangoklänge aus den Lokalen drangen und der Blick auf ein tanzendes Tangopaar inmitten einer kleinen Kneipe fiel. Es war ein so faszinierendes Bild: Die Frau im feuerroten Kleid und dem dunklen, strengen Haarknoten, der Mann, in zeitloses Schwarz gehüllt und beide in einem leidenschaftlichen Tanz versunken. Einfach nur traumhaft! Da habe ich auch das erste Mal so richtig gespürt, dass ich wirklich in Argentinien bin.



So, das waren mal die wichtigsten Eindrücke. Mir geht es absolut gut, ich bin froh und dankbar darüber, hier sein zu dürfen und hoffe, dass euch die Länge des Textes nicht erschlägt. Ich werde mich bestimmt ganz bald wieder melden und euch auf dem Neuesten halten.

Hasta luego y saludos desde Argentina!

Eure Uruguay-Julia

Montag, 12. August 2013

02. Jenes war der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich…


Die Tage bis zum Abflug sind wie im Nu vergangen; die Koffer sind mittlerweile gepackt, die letzte Hausarbeit weilt nun auch endlich im Postfach des Professors, das WG-Zimmer in Freiburg ist geräumt und geputzt, die Gedanken schweben mittlerweile nur noch in einem diffusen Zustand zwischen Vorfreude auf Uruguay und Abschiedsschmerz von Familie und Freunden – ihr merkt also, der Abflug steht kurz bevor.

Um der Sentimentalität Abbruch zu leisten, an dieser Stelle ein kleines Spiel, das ihr sicherlich noch aus eurer Kindheit kennt:

Ich packe in meinen Koffer….

… natürlich Unmengen an Klamotten
… einen warmen Schlafsack – die erste Zeit wurde uns bereits als kalt angekündigt
… defizitäre Spanischkenntnisse          
… eine riesen Portion Abenteuerlust
… eine große Menge an Fernweh
… Erwartungen, Wünsche aber auch kleine Ängste
… Erinnerungen an eine tolle Zeit in Freiburg mit Freunden, wilden Hühnern, einzigartigen Momenten,    schönen Erinnerungen, und und und
… hoffentlich nicht zu viel unnützes Zeug, das den begrenzten Platz eines einzigen Kofferstücks von gerade einmal 23 Kilo (!) zu sehr in Anspruch nimmt
… hoffentlich nutzvolles Zeug, für den der begrenzte Platz eines einzigen Kofferstücks von gerade einmal 23 Kilo (!) gedacht ist
… Sportschuhe und den festen Vorsatz, viel Sport zu treiben, um die kulinarischen Sünden zu verbrennen
… einen Kopf voll wirrer Gedanken
… die Erkenntnis, dass zwei kleine Handtücher deutlich weniger wiegen, als ein mittelgroßes Handtuch
… einige kleine Erinnerungsstücke, die mich an Familie und Freunde erinnern und mein neues Zuhause hoffentlich etwas heimeliger machen werden.

Das Spiel ließe sich noch endlos weiterführen, doch ist es für mich nun wirklich an der Zeit, Leb‘ wohl zu sagen, euch allen ein wunderbar schönes Jahr zu wünschen und euch zu versichern, dass ich in genau einem Jahr bestimmt gesund und munter wieder am Frankfurter Flughafen eintreffen werde.

Saludos a todos,
eure Uruguay-Julia

Sonntag, 4. August 2013

01. Nur noch wenige Tage...

Hallo ihr Lieben,

gerade in diesem Moment kommt ihr in den Genuss meines allerersten Blogeintrags. Dies bedeutet, dass ich wohl erfolgreich die technischen Hürden des worldwideweb überwunden habe und mich nach dem ganzen Unikram endlich dazu in der Lage sehe, mich mental mit meinem bald anstehenden Auslandsjahr zu befassen und den ersten Schritt damit zu bestreiten, dass ich diesen Eintrag verfasse. In diesem Blog werde ich euch (zumindest ist das noch mein festes Vorhaben) stets auf dem Laufenden halten, euch darüber informieren, was ich im fernen Uruguay erleben und entdecken werde, worüber ich schmunzeln, lachen und weinen muss, aber auch, was ich für interessant und wissenswert erachte.

Doch zunächst etwas zur Person: 
Ich heiße Julia Weber, bin 20 Jahre alt, habe just vor wenigen Tagen mein viertes Semester an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Studiengang Mathematik und Deutsch auf Gymnasiallehramt beendet und werde am 12. August um 22.00 Uhr abends in den Flieger steigen, um ein Jahr in Uruguay zu leben und zu arbeiten. Genauer gesagt leiste ich einen "Freiwilligen Ökumenischen Friedensdienst", zu dem ich von der evangelischen Landeskirche in Baden entsandt werde. Eine genauere Stellenbeschreibung wird folgen, wenn ich selber einen besseren Einblick in meine zukünftige Lebensumgebung gewonnen habe.

Die Vorfreude und die Spannung auf meinen neuen Lebensabschnitt steigen so langsam und ich kann den Reiseantritt kaum noch abwarten! Ich freue mich unglaublich auf das Jahr und bin über jeden fleißigen Leser, der anhand des Blogs an dem Jahr teilhaben wird, glücklich!

In diesem Sinne die liebsten Grüße,


Eure Uruguay-Julia