Dienstag, 20. August 2013

03. Erste Grüße aus Buenos Aires

Seit einer Woche bin ich in Buenos Aires, der gigantischen Metropole am Rio de la Plata. Für eine weitere Woche soll dies auch noch mein Wohnort bleiben mit dem Zweck, während der vierstündigen, täglichen Spanischkurse die Sprache möglichst gut zu lernen und nachmittags etwas über die Länder im Rio de la Plata-Raum zu lernen. Die bisherige Woche war bereits so ereignisreich, dass ich nur über die einprägsamsten Bilder schreiben möchte.

           1.) Die Busfahrten – oder wohl eher „Wer ist der Mutigste?“
Busfahren ist hier wirklich etwas, das man in Deutschland zu hundert Prozent nirgends erlebt! Die Fahrpreise sind sehr günstig, der Fahrstil dafür aber umso riskanter. Leider kann ich es nicht anders sagen, aber man fährt hier wie bescheuert. Rechts vor links gibt es nicht, zuerst darf der über die Kreuzung, der am meisten Mut beweist oder sich am schnellsten vordrängelt. Geschwindigkeitsbegrenzungen sind völlig überbewertet. Einsteigen und Aussteigen kann man ja auch während des Fahrens. Die SpurEN wechselt man einfach, ohne überhaupt nur den kleinsten Blick zur Seite und nach hinten zu wagen. Warum sich an Spurbegrenzungen halten? Man kann ja auch mit vier Autos parallel auf einer dreispurigen Straße fahren. Überholen lohnt sich immer und überall, auch wenn man sofort halten muss. Ach und Überholen geht übrigens auch von rechts. Wenn der Verkehr stockt, ist es auch kein Problem, mit dem Bus diagonal auf einer Riesenkreuzung stehen zu bleiben. Im Klartext: Ich musste mich definitiv erst an die Busfahrten gewöhnen und staune selbst nach einer Woche Buserfahrung über die vielen Manöver.

2.) Projektbesichtigung – der erste Kontakt mit wirklicher Armut
Am Donnerstag besichtigten wir nach dem obligatorischen Sprachkurs die unterschiedlichen Projekte, die es in Buenos Aires gibt. Ich entschied mich, mit einer Kleingruppe von 7 Leuten das Kinderzentrum Arcángel Gabriel zu besuchen. Nachdem wir im Kinderzentrum vorbeigeschaut haben, wurden wir in das Armenviertel geführt. Für mich war das die erste Begegnung überhaupt mit solch einem Viertel. Wir wurden dazu instruiert, uns leise und unauffällig zu verhalten, nur als Gruppe unterwegs zu sein und die Taschen vorher wegzuschließen. Es war ein sehr mulmiges Gefühl dort hindurch zu laufen; zu wissen, dass auf 200 Meter 300 Menschen in ärmsten Verhältnissen leben; Kinder zu sehen, deren Haare verfilzt, Gesichter verschmutzt und Zähne verfault sind und zu erkennen, wie absurd das Bild in Buenos Aires doch ist: Direkt an das Armenviertel schließt nämlich das Reichenviertel an – durch eine von Polizisten bewachte Mauer sorgfältig von den Armen abgeschirmt. Dort wohnen die, die es geschafft haben, im Gegensatz zu denjenigen auf der anderen Seite der Mauer. Ich muss gestehen, dass mich die Erfahrung sehr nachdenklich gestimmt hat und ich noch einige Zeit damit beschäftigt war, die Eindrücke und Bilder zu verarbeiten. Mein Projekt in Montevideo wird ebenfalls in einem Armenviertel sein. Ich bin schon sehr gespannt, was mich dort erwarten wird.
Auch wenn dies nicht unbedingt eine schöne Erfahrung war, bin ich trotzdem unendlich dankbar dafür, sie gemacht zu haben, da ich so einen ersten Eindruck gewinnen und den ersten Kontakt knüpfen konnte. 

3.) Tigre – Boot fahren, Sonne genießen, über Märkte spazieren…
Am Sonntag waren wir im Norden von Buenos Aires und haben den Stadtteil Tigre besucht. Das liegt am Flussdelta und ist als Touristen- und Ausflugsziel bekannt. Es war einfach nur schön! Über den Markt schlendern, eine Bootstour machen und dabei die Inseln im Flussdelta von einer anderen Seite entdecken tat uns nach der anstrengenden Woche gut und hat die Speicherkarte des Fotoapparats gut gefüllt.




Ein Anblick, den man in Argentinien häufig hat: Matebecher auf dem Markt


4.) Buenos Aires capital – groß, größer, Buenos Aires
Das Zentrum von Buenos Aires gehört natürlich zu jedem Besuch der Millionenstadt dazu. Wir standen auf der größten und auf der längsten Straße der Welt, haben das Regierungsgebäude und den Plaza de Mayo besucht, den Obelisken gesehen und einfach nur die Größe der Stadt auf uns wirken lassen. Alles wirklich sehr beeindruckend und lohnend!

Casa Rosada -- der Präsidentenpalast



der Blick vom Balkon, von dem schon Evita zu den Argentiniern sprach


5.) La Boca
Bisher mein absolutes Highlight! Ein Stadtviertel am Hafen, dessen Häuser alle unterschiedlich bunt bemalt sind, da die Bewohner damals einfach die übrig gebliebene Farbe der Boote genommen haben, um ihre Fassaden zu verschönern. An diesem Tag durften wir sogar in den Genuss einer Candombegruppe kommen, die mitten auf der Straße gespielt und getanzt hat. Ich hoffe, dass ich die Filmaufnahmen noch hochladen kann…La Boca ist aber nicht nur für die bunten Häuser berühmt sondern auch für seinen Tango. Wer mich kennt, weiß, wie sehr mein Herz geschlagen haben muss, als Tangoklänge aus den Lokalen drangen und der Blick auf ein tanzendes Tangopaar inmitten einer kleinen Kneipe fiel. Es war ein so faszinierendes Bild: Die Frau im feuerroten Kleid und dem dunklen, strengen Haarknoten, der Mann, in zeitloses Schwarz gehüllt und beide in einem leidenschaftlichen Tanz versunken. Einfach nur traumhaft! Da habe ich auch das erste Mal so richtig gespürt, dass ich wirklich in Argentinien bin.



So, das waren mal die wichtigsten Eindrücke. Mir geht es absolut gut, ich bin froh und dankbar darüber, hier sein zu dürfen und hoffe, dass euch die Länge des Textes nicht erschlägt. Ich werde mich bestimmt ganz bald wieder melden und euch auf dem Neuesten halten.

Hasta luego y saludos desde Argentina!

Eure Uruguay-Julia

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