Sonntag, 25. August 2013

05. Bus, ESMA, Tango

Wenn euch keines der drei Stichwörter aus dem Titel interessiert, könnt ihr es gleich lassen, den Beitrag zu lesen. Ansonsten seid ihr herzlich eingeladen, euch die folgenden Abschnitte zu Gemüte zu führen. 

Zunächst ein kleiner Einblick in eines meiner derzeitigen Lieblingsthemen – die Busfahrt. Bisher haben wir von unserer schönen Wohnung in Martínez immer etwas zwischen 40 und 60 Minuten zur IERP gebraucht. Am Freitag waren es auf einmal geschlagene 2 Stunden! So genervt und aggressiv sind wir, glaube ich, alle noch nie aus dem Bus gestiegen, aber wenn der gewöhnliche Freitags-Berufsverkehr auf einen heftigen Unfall mitten auf einer vielbefahrenen Straße, die leider den Großteil unserer Fahrtroute ausmacht, trifft, dann ist es vorbei mit dem Fahren. Man steht und wartet und steht und wartet und ratet: steht und wartet. Nun ja, mit einer Stunde Verspätung sind wir dann doch beim Sprachkurs eingetroffen.

Am gleichen Tag besuchten wir die ESMA – die ehemalige Militärschule, die während der Militärdiktatur als Gefangenenlager fungierte. Menschen, die sich gegen die Militärregierung aussprachen, wurden entführt, gefoltert und teilweise mit den Todesflugzeugen lebend über dem Río de la Plata abgeworfen. Schwangere Frauen mussten ihre Kinder in einem speziellen Raum zur Welt bringen und wurden anschließend getötet. Die Militärdiktatur nimmt in der argentinischen Geschichte das dunkelste Kapitel ein und ist bis heute noch nicht vollständig aufgearbeitet. Hauptsächlich liegt das daran, dass man immer noch nichts über den Verbleib vieler Menschen weiß, die heute als desaparecidos, die Verschwundenen bezeichnet werden. Um die Enthüllung einzufordern, treffen sich daher seit jeher jeden Donnerstag die Mütter auf dem Plaza de Mayo, die sogenannten madres de plaza de Mayo und laufen ihre Runden. Beim Besuch der ESMA wurde mir die Brutalität der Militärdiktatur mitsamt Ausmaß bewusst. Bis heute nimmt dieses Kapitel der Geschichte einen wunden Punkt bei den Argentiniern ein, woraus sich auch vieles ihrer Mentalität und ihrem Bewusstsein erklärt.


Bis zum Dienstag wird in Buenos Aires die Tango-Weltmeisterschaft ausgetragen. Die Möglichkeit, sich die Besten der Besten live anzuschauen, wollten wir uns nicht entgehen lassen, weshalb wir direkt nach dem Sprachkurs zum Tanzspektakel aufgebrochen sind. Nur leider stimmte die Adresse im Internet nicht so ganz mit der Wirklichkeit überein, weshalb wir U-Bahn-Strecken doppelt gefahren, an falschen Stellen ausgestiegen und unnötige Wegstrecken gelaufen sind, bis wir schließlich nach zwei Stunden am richtigen Ort waren. An dieser Stelle eine Lobeshymne auf die Argentinier: Mit dem brüchigsten Spanisch haben wir unser Anliegen zu verstehen gegeben und wirklich immer nette und herzliche Antworten bekommen. Zwar waren diese meistens nicht ganz richtig und haben uns irgendwo hingeführt, wo wir gar nicht hinwollten, aber der gute Wille zählt und natürlich das endgültige Ergebnis. Vom Semifinale haben wir dann tatsächlich noch eineinhalb Tänze und die Verkündigung der Finalisten mitbekommen. Dann war es auch schon vorbei und wir sind wieder 2 Stunden zurück gefahren. Klar, auch wenn die Ausbeute aus unserem Ausflug recht mager ist, war es trotzdem eine tolle Erfahrung: Wir haben Tangotänzer auf Weltklasseniveau gesehen und die Stadt nochmals besichtigt.


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